Cover 4,5 /5 Sterne
Klappentext 4/5 Sterne
Charaktere 5++/5 Sterne
Story 5++/5 Sterne
Spannung 5++/5 Sterne
Gesamt : 5+/5 Sterne
Seitenzahl : 540 Seiten
Cover :
Da ich in diesem Genre wenig Erfahrung habe, habe ich direkt mal Saskia um Hilfe gebeten bei der Einschätzung des Covers. Sie fand es super. Es packte sie direkt und sie wollte mehr lesen (hier ein großes Sorry NOT SORRY, dass ich deinen unendlichen SuB erweitert hab :D). Ich persönlich finde das Cover, nachdem ich das Buch gelesen habe, sehr liebevoll ausgewählt. Für mich ist die Farbe des Kleides – ob gewollt oder nicht – ein süßes kleines Easteregg, denn sie spiegeln Grants Augen wieder.
Das imposante Gebäude im Hintergrund trifft ziemlich meine Vorstellung von Downfield Hall und dass die junge Frau auf dem Cover eben diesem Gebäude den Rücken zukehrt zeigt sowohl die Stimmung als auch die unangenehme Situation, in der Julie, unsere Hauptprotagonistin, befindet.
Insgesamt also ein sehr stimmiges, süßes Cover, das mich motiviert hat, reinzugucken.
PS: Für einen Neuling dieses Genres war es auch sehr hilfreich durch das Cover noch einmal den Stil der Kleider aufgeführt zu kriegen.
Klappentext :
Eine unerwartete Liebe in der Ära des Regency
England, 1811: Nach neun Jahren im Ausland darf Julie endlich nach Downfield Hall zurückkehren. Doch nichts ist mehr, wie es war. Das Haus, in dem einst ihre Familie lebte, wirkt leer. Ihr Bruder ist tot, und dem Wiedersehen mit ihrem Stiefbruder Grant kann sie nichts abgewinnen. Schließlich hat er sie damals fortgeschickt und ihr all die Jahre lang nicht eine einzige Nachricht zukommen lassen. Doch als Grant dann vor ihr steht, muss sie sich eingestehen, dass er sich verändert hat. Aus dem schlaksigen Jungen ist ein attraktiver Mann geworden und das berauschende Gefühl, das Julie in seiner Nähe empfindet, kann nicht richtig sein – schließlich ist er ihr Stiefbruder! Die aufkeimende Beziehung zwischen den beiden wird überschattet von der dunklen Familienfehde, die ihre Eltern das Leben kostete. Denn der Mörder gibt noch immer keine Ruhe …
Ein sehr spannender, leicht irreführender Klappentext. Mich lockte die Tatsache, dass es keine klassische Liebesgeschichte war. Immerhin wird im letzten Satz eine Spannung aufgebaut, der man kaum Wiedersehen kann. Wieso wurden ihre Eltern umgebracht? Warum ist der Mörder nicht gefasst? Warum musste sie nach dem Tod ihrer Eltern ihr zu Hause verlassen! Und was passierte mit ihrem Bruder?
Auf all diese Fragen scheint es bereits direkt zu Beginn eine Antwort zu geben. Jedoch handelt es sich hier nur um einen kleinen Fetzen der Wahrheit. Eine Medaille hat immer zwei Seiten und manchmal muss man schlimme Dinge tun, um die zu schützen die man liebt. Genau darum geht es in diesen Buch.
Es wird gekämpft, geflüchtet und geliebt. Aber am Ende bleibt immer die Liebe. Der Klappentext kann leider nicht mehr verraten ohne zu spoilern, deshalb lasse ich es ebenfalls sein, nur soviel : Ich habe selten ein SO spannendes, unvorhersehbares, überraschendes Buch in der Hand gehalten.
Charaktere
Andrew :
»Ich fürchte mich nicht vor dem, was kommt. Die verstorbenen Liebsten wachen als Engel über mich. Und wenn ich sie nicht sehen kann, sie sehen und beschützen mich.«
Andrew ist der große Bruder, den wir uns alle wünschen. Er ist für jeden Mist zu haben und liebt seine Familie abgöttisch. Außerdem scheint eins seiner größten Talente seine Kreativität bei Gruselgeschichten zu sein. Er hält leider nicht sonderlich viel von sich und trifft manchmal die falschen Entscheidungen. Jedoch ist er sehr selbstlos und würde für seine Schwester alles tun. Leider lernt man ihn nur aus Erzählungen, Briefen und Erinnerungen kennen, sodass man ihm eigentlich im ganzen Buch hinterhertrauert.
Julie:
»Wie viel Leid kann eine Seele ertragen, ehe sie wie ein Spiegel zerbricht, und dabei in tausend Stücke splittert? «
Julie ist eine der (lebenden) Hauptprotagonisten. Meiner Meinung nach ist sie, ähnlich wie ihr Bruder und Grant, ihrer Zeit sehr voraus. Sie ist mutig, offen und hat ein reines Herz. Mir gefällt, dass sie sehr ehrlich zu sich und anderen ist und sich keiner Aufgabe zu schade.
Nur musste sie in ihren jungen Jahren schon sehr viel Leid widerfahren, sodass ihre Charakterentwicklung zwar voranschreitet, aber einen düsteren Weg geht. Sie verliert alles und beinahe sich selbst. Jedoch zeigt sie uns, was man bereit ist zu geben, für die, die man liebt und wieviel man ertragen kann, auch wenn man denkt am Ende zu sein.
Oft wünscht man sich als Leser, man könnte sie schütteln, einsperren oder in den Arm nehmen um ihr irgendwie zu helfen. Ich habe so sehr mit ihr gefiebert und gelitten, dass sie mich nach den letzten Seiten sogar etwas fehlt.
Grant :
»Du bist alles, was mir im Leben etwas bedeutet. Du alleine.«
Grant ist der begehrteste Junggeselle in der ganzen Gegend. Zu Recht, wie auch Julie heimlich findet. Denn er scheint wahnsinnig gut auszusehen, hat Vermögen, ist intelligent und dazu noch ein sehr guter Gentleman.
Auch er hat seine Schwächen und Julie ist wohl seine größte Schwäche. Wie auch Andrew würde er alles tun, um seine (Beinahe-) Schwester zu beschützen und glücklich zu sehen.
Im Laufe des Buches erfährt man, wie viel Grant schon erleiden musste, wie „kaputt“er im Inneren ist und das alles was er braucht Halt und Liebe ist, die er denkt nicht verdient zu haben.
Mir gefällt sehr gut, wie er sich entwickelt und dass er Julie dazu ermutigt, eine starke unabhängige Frau zu sein. Auch er begeht Fehler, aber das macht ihn nur umso menschlicher und liebenswürdiger. Außerdem kann er super gute heiße Schokolade zaubern, eindeutig ein Pluspunkt!
Die weiteren Charaktere der Geschichte werde ich aufgrund von Spoiler Gefahr nicht näher benennen, jedoch lässt sich sagen, dass sie alle eine bemerkenswerte Hintergrundgeschichte haben. Auch der Mörder, der auf den ersten Blick schier böse scheint, hat vielleicht keine andere Wahl gehabt. Wer weiß schon was Gier mit einem macht, wenn man nie etwas anderes vorgelebt bekommen hat?
An Selinas Büchern liebe ich, dass jeder einzelne Charakter einen „Grund zu Leben“ bekommt. Zwar werden ihre Geschichten nur angeschnitten, aber sie sind so komplex und interessant das man fast geneigt ist, ein eigenes Buch über jene erwerben zu wollen.
Story :
Die Story ist unvorhersehbar und sehr komplex. Es beginnt in der Vergangenheit. Man lernt die einzelnen Charaktere lieben und erfährt ihre Beweggründe für spätere Handlungen. Schon direkt zu Beginn zeichnen sich Charakterzüge ab, die später noch eine wichtige Rolle spielen (Grant, der alle beschützen will, Julie die Grant in ihrem Leben braucht, etc.).
Natürlich gibt es in diesen Buch, was leider typisch für die damalige Zeit war, auch viel Gewalt und eine (für manche vielleicht nicht allzu leicht zu verarbeitende) Vergewaltigigungsszene. Sie ist sehr kurz und wird lediglich angedeutet, trotzdem spreche ich hier eine Trigger Warnung aus, für alle, die Sensibel auf das Thema reagieren könnten.
Meiner Meinung nach ist sowohl die psychische als auch die physische Gewalt in diesen Buch sehr gut dargestellt. Man fürchtet sich mit den beiden Protagonisten und leidet auch mit ihnen.
Im Verlauf der Geschichte wird es einige ziemlich unerwartete Wendungen geben, die auf den ersten Eindruck willkürlich scheinen, aber zum größeren Gesamtbild gehören und die Story perfekt abrunden.
Spannung :
Der Spannungsbogen ist – gegen meine Erwartungen – bis zum Anschlag gespannt. Nach einem ruhigen Einstieg, welcher ja auch im Klappentext quasi angepriesen wird, wird die Stimmung von Tag zu Tag düsterer, gefährlicher und spannender. Wer ist der Mörder gewesen? Warum hat Julie dieses komische Gefühl? Kann man wirklich allen trauen?
Meine anfängliche Intuition wurde einmal kurz in die irre geführt um dann schockierend festzustellen, wie weit Menschen zu gehen wagen.
Von der ersten bis zur letzten Seite konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen und habe mit klopfendem Herzen die Geschichte von Julie und Grant mitverfolgt.
Gesamt :
„Wiedersehen auf Downfield Hall“ von Selina Wilhelm ist mehr als nur eine „unerwartete Liebe in der Ära der Regency“. Es ist ein spannungsgeladenes, emotional aufwühlendes Abenteuer, welches den Leser fesselt und bis zur letzten Seite im Bann hält. Was als süße Geschichte beginnt, entwickelt sich zu einem Sherlock Holmes ähnlichen Fall mit (beinahe) neumodischer Liebesgeschichte und der großen Frage „Was bist du bereit zu geben für die, die du liebst?“.
Von der ersten bis zur letzten Seite hat dieses Buch mich zum Lachen und weinen gebracht. Sowohl die glücklichen Stellen, als auch die traurigen, von Gewalt geprägten Momente sind voller Emotion und mit so einer Liebe zum Detail geschrieben worden, dass man nicht anders kann als das Buch in wenigen Augenblicken zu verschlingen.
Natürlich kann es für manche zu viel sein. Julie hat es im Leben nicht leicht, sie verliert beinahe alles, was für sie Bedeutung hat. Dementsprechend groß ist ihre seelische Belastung und einige Male droht sie daran zu zerbrechen. Zwischendurch schien es, als würde sie in eine Art Depression abrutschen, die sich mit den neuen Schicksalsschlägen als unausweichlichlich weiter anbahnt. Für manche Leser könnte das triggernd wirken (physische Gewalt, Vergewaltigung, Verlust nahestehendender Personen / Mord). Selina Wilhelm findet aber einen – meiner Meinung nach – sehr sanften Weg, all diese Situationen zu beschreiben und dem Leser nahe zu bringen.
Das Leben ist leider nicht rosarot und auch das lernt Julie auf harte Weise kennen. Wichtig ist nur, dass man niemals aufgibt, kämpft und jemanden hat, dem man vertraut, dem man nicht egal ist.
Die Charaktere und das Setting sind liebevoll ausgewählt und sehr gut beschrieben, man fühlt sich, als würde man dort sein. Am Ende des Buches hatte ich sowas wie Fernweh.
Insgesamt ist die Geschichte um Julie und Grant alles, was ich mir von einem guten Buch wünsche. Sie ist romantisch, spannend, aufwühlend und vor allem so schön perfekt unperfekt. Die Charaktere haben Narben, eine Vergangenheit und treffen dumme, vielleicht sogar egoistische Entscheidungen. Sie sind einfach menschlich und egal wie oft man gern ins Buch fassen und sie schütteln möchte, man liebt sie bis zur letzten Seite.
Ein absolutes MUST READ, auch für alle die, wie ich, noch nie einen historischen Roman gelesen haben! Deshalb mehr als verdiente 5 von 5 Sternen.